Drei Monate verbrachte ich auf einer Estancia am östlichen Ende von Feuerland, direkt am Cap San Diego in einem Haus zum Hinausschauen, eine wirklich endgültige Fenstersituation. Aus den großen Türen meines Wohnsaales sah ich direkt aufs Cap, auf den bärenhäutigen braunen Stofftierboden, auf die verwässerten Bewegungen der Wolken, auf das matriarchale Drohen des Meeres auf Unbeherrschbarkeit. Die Besitzer der Estancia überließen mir ihr Haus. Einige Stunden am Tag verbrachte ich dort am Klavier und spielte, was ich über das ›Ende der Welt‹ wusste, legte mein geheimes Wissen in breite Akkorde oder hundertfaches Wiederholen eines einzigen Akkordes. Keinen Sinn hatte die Linie einer Melodie hier in der Zeitlosigkeit, der Ausdruck von Freude über einen glücklichen Kauf, oder die Dunkelheit schamloser Melancholie. Es war ein Sinistersein, weil mir Hormone den Stillstand vergällten. Dieser Ort war das Ende der Welt, das Ende selbst von Patagonien, el confin del mundo.
Hier war ein guter Punkt, das Vergangene abzuschließen. In einer Ewigkeit wiederholen, was gewesen, so lange bis es als Illusion sich aufgelöst hat, nichts mehr hergibt. Kurz davor steht mein Leben – ein Desaster an Bildern. Es bleiben Löcher.
Ich ging von der Veranda zurück in die Hütte, knipste das Licht aus und an. Von Dunkelheit zu Helligkeit in einem Augenblick. Es war nicht, wie ich es mir vorgestellt hatte, es war zu grell, aber es hielt mich wach, hellwach und nur mehr wach wollte ich sein.
Feuerland || @ Bernhard Karlstetter