Grillfest → Die weichen Herzen

Zurück zum Buch

Das Lieblingsessen des Herzensbrechers war Nudelsuppe. Er aß sie, bevor er an verquollenem Herzen verdarb. Man fand ihn dieser Tage in seiner Fischerhütte mit Schwämmen zugedeckt, frisch rasiert, tadellos gekleidet, an einem Bild aus besseren Zeiten strickend. Er liebte die Not der Fische in den Teichen. In seinen Netzen war öfter mal ein dicker Hund.

Tausende Frauen in dürren Nachtgewändern auf der Tanzfläche schenkten ihm ihre Herzen fürs Abendgebet. Zufrieden war er nicht damit. Hatte er denn nie genug davon!

Als sie das erfuhr, stand die Mutter der Nation beiseite, sagte kein weiteres Wort dazu und sammelte, wie immer an solcher Stelle mit ihren Weggefährten kleine Knopfzellen vom Wegesrand auf. Wie motorisierte Wegelagerer den Sachverhalt beurteilten, ist jetzt ein Toter der Super-Hit. Er singt und singt, ein Sieg der Liebe, uns ein schrilles Lied.

Er wurde gefunden, als er abspecken wollte und alle Schuppen satt hatte: Er war ein modernes Schicksal nach dem Prinzip Gartenschlauchkupplung und ein großer Sänger am Schlagerhimmel obendrein. Er hinterließ nicht einmal Millionen. Man wird weiterforschen müssen nach hinterbliebenen Einzelheiten. Nur um sein Licht unter dem Scheffel zu finden.

Dieses historische Jahr war es ein Toter, der alle Einschaltquotenregelungen brach.

1992

Nächster Text

Die weichen Herzen|| @ Bernhard Karlstetter