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Erstes Kapitel aus »Die Lebensfontäne«

Es gibt allerhand Erzählenswertes, Bedenkliches, sittlich Erhebendes wie auch so manches Fröhlich-Derbe zu erzählen aus Töm Töffs wildem Leben! Diese Arbeit nimmt am besten einer in die Hand, der in die Hände spuckt, wenn es erforderlich ist und die Erfordernisse beim richtigen Schopf packt.

Und das mache ich selbstverständlich selbst, Töm Töff, wie ich leibe und lebe!

Um den Wind aus den Segeln der Sensations- und Skandallüsternen zu nehmen und Salz auf vergebliche alte Wunden zu streuen: Wenn man von mir jetzt wissen will: Wie erlebt der berühmte Töm Töff, dieser großartige Schauspieler, die Ehe, so ein freier, ungebundener Geist wie er – wie ist das möglich! – dann werde ich sämtliche schmutzigen Erwartungen enttäuschen und in die Winde zerstreuen, die sich gerne um mich herum erheben. Man wird von mir keine Enthüllungen hören, keine Rechtfertigung für mein ausschweifendes Leben, keine heimlich geschossenen Fotos durchs Schlüsselloch sehen – dergleichen nichts. Meine Sex- und Familienleben sind ohnehin von Skandalen umwittert, da sage ich nur: Danke, das genügt! Meine Liebschaften und meine Lebenskraft gehen nur mich und Térle, meine Frau, etwas an.

Andererseits, da diese Vorträge nun einmal meinem Leben gewidmet sind, werde ich hier nichts aussparen, um die gerechte Neugierde zu befriedigen, mit der der einfache Mensch eine Berühmtheit belauscht, abklopft & abhorcht, um etwas Schwung in seinen Alltag zu bringen, etwas Pikanterie, etwas Lebendigkeit und Abgründe mit höchsten Höhen sozusagen.

Ich erzähle von meinem Leben am besten selbst, bevor das ein anderer in die Hand nimmt und natürlich unlautere Unwahrheiten verbreitet, wie das heutzutage eine ausgemachte Sache ist. Schreiberlinge spucken so gerne in die Suppe anderer, damit sie würziger wird, und Leser diverser Magazine löffeln und schlabbern sie gierig aus. Himmel & Hammel noch einmal!

Deshalb erzähle ich selbst mein Leben aus meiner etwas erhabenen Position heraus. Ich habe sie mir rechtens erarbeitet mit der Lautstärke und Ausdrucksstärke meiner wohltuenden, männlichen Stimme, im Schweiße meines Angesichts – das heute auf vielen Magazinen durch nichtssagende Schnappschüsse gerne verunstaltet gezeigt wird – und du, meine liebe Térle, weißt wie sehr mir das zusagt, das kann man sich denken, das ist selbstverständlich, das erwartet man von mir nicht anders.

Ja, Frauen und Freunde, die sind ein eigenes Kapitel, darüber könnte ich schmerzliche Oden beschreiben lassen von den besten und ruhmvollendetsten Dichtern, die für mich Stücke schreiben; trotzdem, das nimmt man besser selbst in die Hand, denn was da wieder herauskommt, das ist so eine eigene Sache!

Himmel & Hammel!

›Himmel & Hammel‹ sage ich an dieser Stelle als Ausruf, und das wird man nun öfters hören, denn das sage ich immer selbst. Es ist so ein Spruch von mir, der oft alles sagt, wenn ich nichts mehr zu sagen weiß, oder wenn es mir gut geht und ich Térle irgendwohin zwicke, weil ich mich wohl fühle. Dann sage ich ›Himmel & Hammel! Schnitzelbaum noch einmal!‹ Das ist meine Marotte. Andere sagen andere Marotten. Das ist meine.

Wo soll ich beginnen? Beim Anfang? Nein, das machen ja alle. Jeder macht das schon. Das ist nichts Besonderes mehr. Aber mein Leben ist eben etwas Besonderes, deswegen erzähle ich es ja hier. Manches Leben muss verschwiegen werden, das meine wird als Beispiel dienen. Ich fange also mitten im Leben an, denn das ist so typisch für mich: Mitten hinein ins volle pralle schaukelnde wippende dralle kugelrunde wunde Leben. Das erwartet man von mir, denn so bin ich.

Himmel & Hammel!! Schnitzelbaum noch einmal!

Na also, da haben wir’s wieder. Das sage ich einfach so, wenn mir danach zumute ist. Ich bin eben ein freier Mensch! Und sage was ich will, wenn ich will, wann ich will und sogar wo ich will. Und ich will. Immer!

Ja, wie bin ich das geworden? Wie bin ich der Töm Töff geworden, den sie alle kennen.

Ist es denn anders möglich als durch Kampf und eisernen Willen, wo andere schon lieber in ihren kleinen, engen Käfigen geblieben wären, um völlig muffig am andern Ende mit den Würmern Hochzeit zu feiern, um dann zu tanzen, wenn es endlich zu spät ist? Das gebührt einem Manne wie mir nicht, das überlasse ich der leidigen und schmächtigen Konkurrenz. Ich tanze lieber auf vielen Hochzeiten zugleich, denn dann und nur so spürt man das Leben in den Adern pochen und brühen, und es lodert und die feurigen Blicke natürlich ringsum von den hübschesten Mädchen des jeweiligen Landes sind die Belohnung dafür! … wenn es dabei bleibt … ich schweige – und ich bin viel in der Welt herumgekommen, das kann ich jetzt schon verraten! Also hat meine Aussage ein Gewicht und kann von maßgebender Bedeutung für manchen jungen Herumstreuner werden, der die Weltgeschichte kennenlernen will und nicht nur zu Hause auf das Gas drückt, auf den bedeutendsten Autobahnen allerdings, die diese Welt ihr heiliges Eigen nennt.

Ich bin ein Allroundtalent, das ist eine bekannte Tatsache. Deshalb wird es schwierig werden, hier etwas Ordnung hereinzubringen, denn von allem könnte ich erzählen, und ich weiß, von dieser Vielfalt tief bewegt, gar nicht wo ich zu beginnen habe. Am besten ist immer noch, man erzählt der Reihe nach, so kommt eines zum andern und der Leser versteht die Welt besser, denn immer hübsch der Reihe nach, das ist in diesem Land eine Grundordnung – ooh, ich kenne da andere Länder, dort herrscht ein regelrechtes Durcheinander an Stimmen und Farben und ein Gejohle und ein Kreischen der Kinder und ein Kratzen der Frauen und die Männer sind nicht zimperlich im Umgang mit Messern! Dort herrscht eine regelrechte Hackordnung. Es ist gut, dass bei uns einer nach allen Regeln der Kunst durchgestylten Demokratie die Führung der Massen nur Führungskräften übertragen ist, das habe ich zu schätzen gelernt. Man kann das nicht hoch genug überschätzen und oft viele, gerade wieder junge Leute, wissen nicht mehr, was gut ist.

Aber man muss die jungen Leute verstehen, wenn sie nicht alles verstehen, denn was ist aus den wilden jungen Leuten von einst geworden? Ja, jaa, wir sind das, die alte Generation. Da müssen wir nun vor den ersten besten Spiegel treten und uns selbst bedienen als gutes Beispiel, das an Tiefe, Ernst und Würde, aber auch der Strapazen und nicht der Heiterkeit in gewissem kosmopolitisch wünschenswertem Sinne ermangelt. Um es einmal einfach und endlich wahrheitsgetreu wiederzugeben.

So ist es recht. Und was Recht ist, muss billig bleiben.

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Wie ich geworden bin, was ich bin || @ Bernhard Karlstetter